Lanzenkirchen

(…) Am Morgen des folgenden Tages bemerkte der Wirtschaftsbesitzer Herr Matthias Flickentanz in Lanzenkirchen auf der ihm gehörigen Wiese, Parzelle Nr. 370 (Grundbuchkörper 390), ein sauber ausgestanztes Loch, das am Tage vorher beim Heumachen noch nicht gesehen worden war. Obwohl dieses merkwürdige Loch, neben dem keine Erde lag, Herrn Flickentanz in unerklärlicher Weise immer wieder zu sich hinzog, brachte er erst am Nachmittag die sonderbare Licht- und Schallerscheinung des Vortages mit dem Loche auf der Wiese in Zusammenhang und hob in einer Tiefe von 50 cm aus dem steil (etwa unter 85°) nach Süden bis Südosten gerichteten Schußkanal einen fast genau 5 kg schweren Meteorstein aus; der Stein hatte eine stark vorspringende Nase, die bei der Auffindung des Steines nach oben gerichtet war und leider noch am selben Tage von begeisterten Freunden des Steines mit einem Meisel abgeschlagen wurde. Der Einschlagspunkt des Steines liegt etwa 400 m nordnordwestlich des „Schleinzer Kreuzes", Kote 308, an der Abzweigung der Straße nach Sehleinz von der Straße Walpersbach—Frohsdoif. In den tiefsten Gruben der Oberfläche des Steines fanden sich Reste von frischem, grünem Gras neben gebräunten Resten, doch läßt sich nicht feststellen, ob diese durch einen Trocknungsprozeß oder infolge einer Erwärmung durch den Meteoriten gebräunt wurden.

Am 7. Oktober 1925 fand Herr Hermann Windbichler aus Frohsdorf (nordöstlich Lanzenkirchen) beim Wegmachen auf dem Wege, der vom sog. „roten Kreuz" an der Straße Frohsdorf—Eichbichl (östlich der Eisenbahnstation Klein-Wolkersdorf) durch den Hartleitengraben aufs „Gscheid" ansteigt und nach Wiesen im Burgenlande führt, in einer Seehöhe von 345 m mitten auf dem Wege, halb in das Erdreich eingebohrt, einen schwarzen Stein, der zum gleichen Falle gehört. Dieser Fundort ist etwa 2½ km in nordöstlicher Richtung vom ersten Fundorte entfernt. Der Stein wiegt über 2 kg und ist nur an einer Stelle etwas angeschlagen.

Herr Flickentanz hat großes Verständnis für die wissenschaftliche Bedeutung des Fundes gezeigt und den Stein, nachdem er einige Zeit in der Schule von Lanzenkirchen ausgestellt war, dem Naturhistorischen Museum (mineralogisch-petrographische Abteilung) in Wien überlassen, und das Gleiche hat Herr Windbichler mit dem zweiten Steine getan. Herr Flickentanz hat sich auch um die Aufklärung der gesamten Bewohnerschaft der Umgebung durch Ausstellung des Steines in der Schule von Lanzenkirchen große Verdienste erworben und es sei ihm hier herzlich gedankt. Die nicht unbeträchtlichen Mittel zur Erwerbung beider Steine hat der Verein der Freunde des Naturhistorischen Museums beigestellt, dem die Abteilung hiefür großen Dank schuldet.

Obwohl die erwähnte Parzelle 370 in der Katastralgemeinde Walpersbach liegt und der zweite Fundort zu Frohsdorf gehört, wird vorgeschlagen, diesen Meteoriten als „Lanzenkirchen" (in Niederösterreich) zu bezeichnen, weil der Fundort des größeren Steines näher bei Lanzenkirchen liegt als bei Walpersbach und dort auch der verdienstvolle Finder, Herr Flickentanz, seinen Wohnsitz hat. (…)

(…) Am 28. August 1925 um halb 8 Uhr abends¹ fand unter lebhaften Lichtund Schallerscheinungen in der Nähe von Wiener-Neustadt ein Meteoritenfall statt. Am folgenden Tage berichteten mehrere Augenzeugen über ihre Beobachtungen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, der Sternwarte, der astronomischen Zentrale für wissenschaftliche Liebhaberarbeit des Prof. Oswald Thomas in Wien und verschiedenen Tageszeitungen. Durch letztere erfuhr man auch in Graz von dem Naturereignis. Am 29. August 1925 nachmittags fand Herr Matthias Flickentanz ungefähr 400 m nordnordwestlich des Schleinzer Kreuzes (Kote 308) an der Abzweigung der Straße nach Schleinz von der Straße Walpersbach—Frohsdorf einen fast 5 kg schweren Teil und am 7. Oktober 1925 Herr Hermann Windbichler auf dem Wege, der vom sogenannten Roten Kreuz an der Straße Frohsdorf—Eichbichl durch den Hartleitengraben aufs Gscheid führt, ein 2 kg schweres Stück des Meteoriten.² Der Fundort des zweiten Stückes liegt ungefähr 2½ km nordöstlich von dem des ersten. (…)

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¹ Fast alle Berichte führen mit guter Übereinstimmung diese Zeit an, Nr. 99 gibt sogar an, im Augenblick des Meteorfalles Radiozeit abgenommen zu haben, und zwar 19 Uhr 25 Minuten 5—10 Sekunden.

² Näheres bei H. Michel (1).^[5]